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MTU Aero Engines

ScanExpress: So werden Defekte an Triebwerksteilen in 3D gescannt

ScanExpress: So werden Defekte an Triebwerksteilen in 3D gescannt

Robot Systems

  • Produkt:

    HP-FX

  • Job:

    Erkennung von Schäden an Triebwerksbauteilen

Der Roboterarm bewegt sich über das Triebwerksbauteil – zu der Stelle, an der Benjamin Walter, Projektleiter 3D ScanExpress bei MTU Maintenance Hannover, eine minimale Anomalie identifiziert hat, die mit dem bloßen Auge kaum sichtbar ist. Ein Weißlicht-Interferometer, das mittels Lichtwellen 3D-Messungen vornimmt, hängt an der Spitze. Obwohl die Fläche, die mit einem Messvorgang aus wenigen Zentimetern Entfernung betrachtet wird, nur drei mal drei Millimeter misst, erfolgt eine Messung in Sekundenbruchteilen. Auch größere Bereiche eines Triebwerksteils können so erfasst und in einer Punktwolke dargestellt werden. „Es geht vor allem deutlich schneller und einfacher als dies früher der Fall war und kann komplett auf dem Shopfloor ablaufen“, berichtet Walter. Die Mechaniker:innen beschäftigen sich hier täglich mit einer Vielzahl von Unregelmäßigkeiten auf der Oberfläche des Bauteils. Wenn beim Zerlegen und Untersuchen des Triebwerks eine vermeintliche Beschädigung an einem Bauteil festgestellt wurde, war es notwendig, mit einer Masse einen Abdruck davon zu erstellen, um die Bewertung und Dokumentation vorzunehmen. Er wurde dann zur Auswertung unter dem Mikroskop ins Labor geschickt. Folge: „Das dauerte oft drei bis fünf Tage und hat den Instandhaltungsprozess um mehrere Tage verzögert“.

Robot Systems

  • Produkt:

    HP-FX

  • Job:

    Erkennung von Schäden an Triebwerksbauteilen

  • Features:

    • leistungsstarke optische Messtechnik durch Weißlichtinterferometer
    • kollaborativer Roboter
    • 3D-Datensätze

Schnelleres und effizienteres Messverfahren gesucht

Schnelleres und effizienteres Messverfahren gesucht

Benjamin Walter entwickelte daher die Idee für ein optisches Messverfahren, das den Mitarbeitenden auf dem Shopfloor eine Erleichterung bieten und die besagten Wartezeiten reduzieren sollte. Er brachte die Idee beim MTU Inno Lab zur Einreichung. Die Abteilung unterstützt zusammen mit einem internationalen Partnernetzwerk dabei, Anwendungen in kürzester Zeit von der Idee zum Proof of Concept zu entwickeln. Über das Inno Lab wurde ein standortübergreifendes Team aus München und Hannover gebildet, das sehr unterschiedliche Perspektiven auf das Thema hatte: Expert:innen aus den Bereichen Messtechnik, Messsystemzulassung, Maschinenbedienung, Arbeitsvorbereitung und Befund, die das Thema in ihrer täglichen Arbeit erleben – ergänzt durch eine Innovationsmanagerin, die die Leitlinien für den Projektverlauf und das Reporting festlegte.

Steven PiorunMTU-Fachreferent für zerstörungsfreie Prüfverfahren

„Wir erkannten, dass die Weißlicht-Interferometrie das genaueste, vielseitigste und in verschiedene Richtungen ausbaufähigste System darstellt – und dass eine Lösung des Kooperationspartners 3D.aero aus Hamburg für die Problemstellung und die Anforderungen passen könnte“

3D.aero liefert passendes Know-how

3D.aero liefert passendes Know-how

Das Unternehmen, das einen Luftfahrtbackground hat und mit dem die MTU bereits Automatisierungslösungen wie einen Verschraubungsroboter in Hannover umgesetzt hat, stellte ein Messsystem zur Verfügung, den HP-FX-Cobot, das auf Weißlicht-Interferometrie basiert. Diese leistungsstarke optische Messtechnik ermöglicht es, Oberflächen zu vermessen und sie in 3D-Datensätze umzuwandeln. „Dabei überlagert sich das von der Bauteiloberfläche reflektierte Licht mit dem von einem Referenzspiegel zurückgestrahlten Licht. Durch diese Interferenzeffekte entsteht eine digitale Punktewolke, welche die reale Bauteiloberfläche abbildet“, erläutert Stefan Necker, ein Experte für geometrische Messtechnik bei MTU. Diese Technologie ermöglicht Oberflächenmessungen auf einer Vielzahl von Materialien. Die Weißlicht-Interferometrie ist, anders als viele andere Technologien, unempfindlich gegenüber reflektierenden Oberflächen. Dies stellt einen entscheidenden Vorteil bei der Triebwerksinstandhaltung dar. Das HP-FX-System lässt sich dank seines sechsachsigen Roboterarms entweder als kollaborativer Roboter („Cobot“) manuell bewegen oder es bringt automatisch das zu untersuchende Bauteil und das Interferometer zusammen. So ist es möglich, auch größere Bauteile neben dem Messtisch zu vermessen. Das abnehmbare Tablet ermöglicht es, die Messaufnahmen sofort zu überprüfen oder vorzuführen.

Weißlicht-Interferometrie

Weißlicht-Interferometrie

Weißlicht-Interferometrie ist eine optische Messtechnik zur dreidimensionalen Oberflächenvermessung. Sie nutzt Interferenzeffekte, die durch die Überlagerung von reflektiertem Licht und Licht eines Referenzspiegels entstehen, um eine digitale Punktwolke der Bauteiloberfläche zu erzeugen. Weißlicht-Interferometrie ist präzise und unempfindlich gegenüber reflektierenden Oberflächen – ideal für die Triebwerksinstandhaltung.

Tomas DomaschkeGründer und Forschungsleiter von 3D.aero

„Wir haben es geschafft, die Messung mit Interferometrie sehr agil für die angepassten MTU-Anforderungen zu erschließen, also uns Schritt für Schritt angenähert. Diese Agilität, die in der technischen Entwicklung nicht selbstverständlich ist, hat uns schnell zu einem guten Ergebnis geführt, das nun die Grundlage für weitere Innovationen sein kann.“

In acht Monaten von der Idee zum einsatzfähigen System

In acht Monaten von der Idee zum einsatzfähigen System

Innerhalb von acht Monaten wurde das System für die MTU von der Idee über den Prototyp bis hin zur industriellen Einsetzbarkeit gebracht. Es war besonders wichtig, dass das Verfahren für den konkreten Anwendungsfall verlässlich ist, dass es intuitiv zu handhaben ist und dass man mit dem Cobot schnell die Messstelle wechseln kann. Die Software führt die Messung aus und entlastet damit den Befunder, indem sie die Messreferenzflächen selbst bestimmt. 3D-Daten werden generiert, die es ermöglichen, einen Sachverhalt gegenüber dem Kunden deutlich besser zu dokumentieren als mit einem Tabellenbericht. Piorun:„Das Team gewinnt täglich neue Erkenntnisse, die in die Weiterentwicklung der Software einfließen.“ „Für die interne messtechnische Zulassung musste zunächst eine Kalibrierroutine des Herstellers so weiterentwickelt werden, dass sie den strengen Vorgaben der MTU genügte“, erzählt Necker. Im Rahmen der anschließenden Messsystemanalyse wurde validiert, unter welchen Bedingungen das System fähige Ergebnisse zuverlässig liefern kann: „So wird sichergestellt, dass das System für unseren Anwendungsfall wirklich geeignet und einsetzbar ist.“ Inzwischen ist das System für die Messung von Oberflächendefekten ab einer Tiefe von 20 Mikrometer (μm) zugelassen – die ungefähre Größe eines weißen Blutkörperchens. „Die nachgewiesen fähige Messung von Defekten in dieser Größenordnung auf dem Shopfloor ist ein echter Meilenstein gewesen“, betont Necker.

Cobots

Cobots

Cobots sind Industrieroboter, die zusammen mit Menschen arbeiten. Cobots sind so konstruiert, dass sie in einem gemeinsamen Arbeitsumfeld ohne Käfige bzw. Schutzeinrichtungen arbeiten können und den Menschen bei komplexen Aufgaben assistieren.

MTU Award für die beste neue Technologie im Unternehmen

MTU Award für die beste neue Technologie im Unternehmen

Derzeit ist ein HP-FX-System bei der MTU Maintenance Hannover in der Demontage im Einsatz, ein weiteres wird aktuell im Befundbereich industrialisiert und man ist im Austausch mit den anderen MRO-Standorten auf der ganzen Welt, um potenzielle Anwendungsfälle zu bewerten. „Im Schnitt gewinnt das Unternehmen einen Tag Durchlaufzeit“, so Walter.

Bereits jetzt hat das neue Messsystem Maßstäbe bei der dreidimensionalen Messung von Oberflächen gesetzt: Für die gemeinsame Einführung mit 3D.aero erhielt das Entwicklerteam den MTU-Award in der Kategorie „Technology and Future“, einen Innovationspreis des Unternehmens, der herausragende Leistungen von Mitarbeiter:innen würdigt.

Den vollständigen Artikel finden Sie hier: AEROREPORT by MTU Aero Engines

Autor: Tobias Weidemann